Podcast-Boom: Diese Trends verändern die Branche 2021

Artikelbild: Podcast-Boom: Diese Trends verändern die Branche 2021
© Alice Moore (Unsplash)

Podcasts sind längst mehr als „Laber-Formate“. Spätestens seit dem Erfolg des „Coronavirus-Updates“ hat sich das Medium als treibende Kraft des Audio-Booms etabliert. Hier sind fünf Trends für 2021.

"Hören ist das neue Sehen“, so die griffige These des Managing Director Central Europe von Spotify, Michael Krause. „Viele sind doch müde, den ganzen Tag auf ihr Handy zu starren“, sagt er. Und was biete sich da besser an, als Nachrichten und Unterhaltung per Podcast zu konsumieren? Dem Audio-Format scheint eine goldene Zukunft beschien zu sein. Der Blick auf die tatsächlichen Zahlen fällt – zumindest in der Gegenwart – nüchtern aus: Laut einer Studie der Beratungs- und Forschungsgruppe Goldmedia von Juli/August 2020 hat zwar schon einmal jede:r dritte Deutsche:r einen Podcast gehört (34 Prozent der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren, das sind 23,7 Millionen.). Davon sind allerdings nur 15 Prozent, also ca. 10, 4 Millionen, aktive Nutzer*innen. Beeindruckender als die momentane Zahl der Nutzung, ist das Tempo, mit welchem Podcast und Hörerschaft wachsen. Auch wenn das Angebot zunimmt, ist der Markt noch nicht übersättigt. Tatsächlich hat die Corona-Krise dem Podcast neuen Schub gegeben. Mit der steigenden Nachfrage wird sich der schon jetzt sehr dynamische Markt weiter verändern.

Let’s play – Mehr Plattformen sorgen für mehr Konkurrenz

Das mag erst einmal wenig überraschen: Spotify und Apple zählen zu den Big Playern und werden auch in 2021 versuchen, ihre Reichweite auszubauen. Doch gerade weil noch Potenzial im Podcasting steckt, werden sich weitere Plattformen gründen, die auch ein Stück vom Kuchen haben wollen. Und die Konkurrenz kommt von allen Seiten: Im April 2020 startete ProSiebenSAT.1 bereits mit FYEO seine eigene Plattform. Spannend wird auch zu beobachten sein, wie sich soziale Netzwerke wie Facebook und LinkedIn behaupten. Sie verfügen bereits über große Reichweite und zielgerichtete Werbung und sind dabei eigene Audio-Formate zu produzieren.

Let’s get chic – Qualität von Podcasts wird zunehmen

Mit zunehmender Konkurrenz steigt der Druck, guten Content zu produzieren. Im Kampf um das Publikum werden Podcasts immer professioneller. Die Hörerschaft ist mit der Masse an Podcasts anspruchsvoller geworden. Reine Interview-Formate werden weniger, stattdessen wird die Nachfrage nach hochwertig produzierten Storytelling-Formaten zunehmen. Solche Formate verlangen ein größeres Produktionsteam. Die Kosten dafür werden sich nur die großen Plattformen leisten können. In der Konsequenz wird es für „Einzelkämpfer:innen“ schwieriger. Dennoch wird es Newcomer:innen geben, die auf neuen, spannenden Wegen ihre Inhalte veröffentlichen werden. Da sie gezwungen sein werden, sich durch besseren Content in der Masse zu behaupten, wird auch hier noch einmal die Qualität und Vielfalt von Podcasts zunehmen.

Let’s talk about business – Monetarisierung von Podcasts wird professioneller

Mit der Nachfrage nach hochwertig produziertem Inhalt wächst auch der Druck auf Produzent:innen Lösungen für die Finanzierbarkeit von Podcasts zu finden. Professionell produzierte Podcasts benötigen viele personelle Ressourcen und sind häufig nicht rentabel. Aktuell ist es noch schwer, den eigenen Content zu monetarisieren. Einige Podcaster:innen können sich durch Werbung finanzieren, andere sammeln Spenden ein. Auch große Medienmarken wie die ZEIT suchen aktuell noch nach geeigneten Erlösmodellen. Schon heute etablieren sich Abo-Modelle, die noch zunehmen werden. So produziert die Plattform FYEO aufwendig produzierte Formate mit prominenten Stimmen als sogenannte „Originals“. Nach der ersten Folge müssen Hörer:innen für weitere Episoden zahlen. Die Süddeutsche Zeitung hat mit ihrem Audio-Programm hier eine Chance gesehen und produziert fortan einige Formate gemeinsam mit FYEO. Auch solche Kooperationen werden zunehmen.

Besonders stark zu erwarten ist eine Zunahme von Werbeanzeigen. Podcasts-Hörer*innen sind Werbung gegenüber aufgeschlossener als das Publikum anderer Medienformate. Typischerweise trägt der Host Anzeigen direkt vor (Native Advertising). Eine treue Hörerschaft akzeptiert dies eher, da sie denkt, die:der Host hat die Werbung mit Bedacht und passend zum Programm ausgewählt. Daneben werden sogenannte Dynamic Ads zunehmen: Werbespots sind nicht mehr dauerhaft in den Podcast eingebunden, sondern können in alten, wie in neuen Folgen ausgetauscht werden. Damit kann der "Werbeplatz" mehrfach verkauft werden. Ein Finanzierungsmodell, dass vermutlich noch besser als "Originals" funktionieren könnte, schließlich würden Podcast-Inhalte für Nutzer:innen kostenlos bleiben.

Das Thema Automatisierung bietet eine weitere Möglichkeit der Monetarisierung. Die automatisierte Übersetzung von Schrift in Audio ist dabei besonders spannend, so können bereits produzierte Textstücke als Audio-Formate wiederverwendet und zu niedrigeren Preisen vermarktet werden.

Let’s get involved – Inhalte werden interaktiver

Podcasts, wie wir sie vorrangig kennen, sind bislang noch sehr passiv. Einige Anbieter wie Spotify experimentieren bereits mit Interaktionsmöglichkeiten und bauen beispielsweise Umfragen in das Hörerlebnis ein. Das Prinzip ist bereits von Online-Magazinen, wie dem SPIEGEL bekannt und dient vor allem dazu, das eigene Publikum besser kennen zu lernen. Auf Grundlage von User Engagement wird es einfacher, Vorlieben und Hörverhalten zu benennen und das eigene Programm dementsprechend anzupassen. Ein weiterer interaktiver Trend: Hörer:innen können in den Inhalt eingreifen. Diese Form der Interaktion bietet sich besonders für Hörspiele an.

Interaktiver wird nicht nur der Content. Auch der Austausch zwischen Host und Publikum entwickelt sich dynamischer. Q&A-Sessions, Live-Podcasts und die Einbindung von Zuhörer:innen in die Podcast-Aufzeichnung sorgen für Nähe und stärkere Bindung zwischen Produzent:innen und Konsument:innen.

Let’s get the data – Optimierung von Podcasts wird voranschreiten

Um Podcasts hörenswerter, hochwertiger und damit leichter finanzierbar zu machen, wird es für Produzent:innen und Anbieter:innen immer wichtiger, das Hörverhalten zu analysieren und mit Daten messbar zu machen. Podcast-Hosting-Dienste wie Podigee bieten schon in ihrem Basic-Abo Analytics für eine rudimentäre Auswertung an.

Nicht nur der Inhalt auch das Marketing wird zunehmend datengetriebener werden. Noch kaum genutzt ist die Voice Search, also die SEO für die Sprachsuche. Google lässt seine Podcasts bereits automatisch transkribieren, sodass die Episode leichter mittels Keywords gefunden werden kann.

Innovationen und Entwicklungen auf dem Podcast-Markt beschränken sich sicherlich nicht nur auf diese fünf Trends, sie werden aber maßgeblich das Podcast-Geschäft mitbestimmen und weiterformen. Und noch eines ist sicher: Noch reden und hören wir nicht bis zum Umfallen. Da geht noch etwas. Der Audio-Boom in Deutschland ist gerade erst gestartet.