Redaktion fehlt Spirit: Denkanstöße für mehr Innovationen im Journalismus

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Das Potenzial in Medienhäusern ist riesengroß. Doch manche Redaktionen bremsen sich selbst aus. Fünf Denkanstöße, um den Journalismus (wieder) besser zu machen.

Wer als Journalist:in arbeiten möchte, muss Idealist:in sein. Vor allem als junger Mensch. Bezahlung mies, Job-Perspektiven mau, Work-Life-Balance kaum vorhanden. Warum sollte sich ein junger Mensch noch für den Journalismus entscheiden? Pressestellen, Marketingagenturen und Start-ups mit hippen Angeboten locken. Die Jobs sind oftmals nicht besser bezahlt, haben aber etwas, das dem Journalismus fehlt: den richtigen Spirit, nämlich echte Begeisterung für Innovationen im täglichen Nachrichtenbetrieb. Eigentlich sind die Möglichkeiten im und das Potenzial des Journalismus riesengroß. Eigentlich. Doch Medienhäuser und Redaktionen bremsen sich selbst aus. Warum? Fünf Denkanstöße, um den Journalismus (wieder) besser zu machen.

Bessere Job- und Ausbildungsperspektiven

Schon 2016 hat eine Umfrage der Initiative Qualität (IQ) des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) unter Volontär:innen gezeigt, dass die Mehrheit mit ihrer Ausbildung nicht zufrieden sei. Immer wieder müssten die angehenden Redakteur:innen Lücken füllen, fühlten sich als billige Arbeitskräfte ohne Perspektiven in ihrem Verlag. Außerdem sei die Ausbildung oft unorganisiert und nicht an aktuelle Standards angepasst. Feedback? Fehlanzeige. Wenn es bei der Ausbildung hakt, wie soll der Journalismus überleben? Es geht nicht um das Morgen. Die Zukunft ist jetzt. Jeden Tag aufs Neue. Medienhäuser, Redaktionen, Journalist:innen müssen an neuen Möglichkeiten arbeiten, und dafür braucht es die jungen Menschen. Doch der „War for Talents” ist deutlich spürbar. Andere Branchen konkurrieren mit den Medien – und gewinnen meistens. Gegensteuern ist angesagt: mit guter Jobperspektive, angemessener Bezahlung, großzügigem Entfaltungsraum, modernen (flachen) Hierarchien, Mitspracherecht – und vor allem mit der Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und neue Wege zu gehen. Nur so wird der Journalismus zukunftsfähig.

Diversität im Team

Um neue Wege zu gehen, braucht es die richtigen Ideen. Dafür empfiehlt sich ein diverses Team. Unterschiedliche Menschen bereichern und ergänzen sich. Im Dialog finden sie den richtigen Weg. Doch die beste Idee ist nichts ohne die richtige Umsetzung. Und auch da braucht es Vielfalt in der Redaktion - nicht nur in sozialer und ethnischer Hinsicht, sondern auch bei der Profession. Journalist:innen müssen nicht mehr alleine ihre Artikel, Videos oder Audios produzieren. Es ist sinnvoller, sich mit Expert:innen zusammenzuschließen – wie etwa bei der „Augsburger Allgemeinen”. Dort arbeitet ein Conversion-Team direkt im Newsroom. Es gibt unter anderem einen SEO-Experten, eine Social-Media-Managerin, einen Sitemanager, eine Datenanalystin und einen Entwickler. Alle sorgen im Team dafür, dass die Artikel im richtigen Kanal bei den Leser:innen landen. Dann kommen die Texte auch bei den Nutzer:innen an, die sich dafür interessieren.

Nutzer:innen besser verstehen

Menschen wollen Nachrichten konsumieren, sie wollen sich informieren. Das hat nicht zuletzt die US-Wahl und die Corona-Pandemie gezeigt. Aber Nutzer:innen möchten selbst entscheiden, mit welchem Inhalt sie ihre Zeit verbringen. Die Art der Nutzung verändert sich – und das Verständnis fürs Publikum wird immer wichtiger. Welchen Content wollen welche Zielgruppen über welche Kanäle konsumieren? Diese Frage müssen sich Journalist:innen ständig stellen, jedes Thema immer wieder neu denken. Es geht bei der journalistischen Arbeit um gute Recherche, um richtige Fakten, um eine interessante Nachricht oder Geschichte. Aber es geht auch um die richtige Aufbereitung und Ausspielung.

IT verstehen und nutzen

Mittlerweile ist auch klar: Leser:innen bezahlen immer öfter für Inhalte, schließen gar Digitalabonnements ab – aber nur, wenn das, was sie dafür bekommen, auch gut gemacht ist. Nervige App-Fehler oder Abspielprobleme bei Videos dürfen nicht mehr passieren. Die Toleranz der Nutzer:innen ist verständlicherweise gering. Es zahlt auch niemand Geld für ein kaputtes Auto. Darum braucht der Journalismus vor allem eins: Expertise. Jeden Tag beweisen Journalist:innen, dass sie ihre Themengebiete beherrschen, dass sie wissen, worüber sie schreiben. Sie können Sachverhalte einordnen, hinterfragen aktuelle Entwicklungen und behalten die Arbeit der Politik und Wirtschaft im Blick. Doch das alles ist nur halb so viel wert, wenn es kaum noch Menschen erreicht. Journalist:innen sind keine IT-Expert:innen – und das müssen sie auch gar nicht sein. In anderen Branchen ist es selbstverständlich, sich für andere Fachgebiete auch entsprechende Fachleute ins Haus zu holen. Das muss der Journalismus begreifen.

Und das Wichtigste zum Schluss: einfach machen!

Wir dürfen uns nicht mit Diskussionen aufhalten, die vom Morgen handeln, sondern müssen das Heute betrachten. Die digitale Transformation bietet Möglichkeiten, die kreative Köpfe geradezu explodieren lassen. Wir brauchen aber Menschen, die die Ideen umsetzen, die anpacken, die in Visionen Chancen sehen – und dann einfach machen. Das sind die Redakteur:innen von morgen, die heutigen Studierenden, die Praktikant:innen, die Volontär:innen. Sie sind die Zukunft, an der alle arbeiten müssen. Jeden Tag. Immer aufs Neue.