Bundestag debattiert über Pressefreiheit und Non-Profit-Journalismus
Der Bundestag debattiert über Pressefreiheit und Medien. Nach vielen Reden gibt's eine konkrete Entscheidung: In Deutschland wird es vorerst keine Anerkennung von gemeinnützigem Journalismus geben.
Die Bundestagsdebatte am 7. Mai 2021 hat die Pressefreiheit und die Situation der Medienbranche auf die Agenda gehoben. In knapp eineinhalb Stunden gibt es zwar viel zu hören, aber wenig konkrete Entscheidungen. Geprägt sind die Reden vor allem von dem jüngst vorgelegten Ranking der Reporter ohne Grenzen, die Deutschland in der Rangliste zur Pressefreiheit herabstufen – von „gut“ auf „zufriedenstellend“. Die Gewalt gegen Medienvertreter:innen hat laut der Organisation ein neues und erschreckendes Niveau erreicht. Grund sind vor allem Übergriffe auf Demonstrationen.
„Pressefreiheit ist die Visitenkarte einer Demokratie“
Eine Reihe von Politiker:innen gehen in der Debatte auf das Ranking ein, beschwören, wie wichtig die Pressefreiheit für eine Demokratie sei. „Pressefreiheit ist die Visitenkarte einer Demokratie. Sie gibt Auskunft über den Zustand eines Landes“, sagt Elisabeth Motschmann (CDU/CSU), und weiter:
„Angriffe auf Journalisten schaden der Pressefreiheit und natürlich auch der Demokratie. In dieser Zeit ist leider auch die Zahl gewaltsamer Angriffe gegen Journalisten gestiegen; das erreicht bei uns gerade eine ganz neue Qualität und Dimension. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.“
Auch FDP-Mann Thomas Hacker macht deutlich, dass Angriffe auf Journalist:innen antidemokratische Tendenzen seien, worauf die Politik und Justiz reagieren müssen. Linken-Politiker:in Doris Achelwilm warnt indes davor, dass diese gewaltbereite Situation gegen Medienvertreter:innen „nicht als neue Normalität hingenommen werden“ dürfe. „Medientätige und Pressefreiheit müssen vor Übergriffen sicher sein. Dafür sind nicht nur die Länder zuständig, sondern auch dieses Haus. Ein Auftrag, dem die GroKo noch nicht ausreichend gerecht geworden ist.“ Diesem Vorwurf stellt sich Martin Rabanus von der SPD in seiner Rede entgegen und erklärt aus Regierungssicht, was die Große Koalition auf den Weg gebracht hat:
„Wir schützen Journalistinnen und Journalisten besser durch das Gesetz gegen Hass und Hetze. Auch die stärkere Zusammenarbeit der Medien mit der Polizei ist bereits benannt worden. Das ist wichtig. Wir stärken die Sicherheitsbehörden - beispielsweise durch das Bundespolizeigesetz. Ich will auch auf den stärkeren Schutz von Journalistinnen und Journalisten etwa bei Querdenker-Demos hinweisen. (…) Wir stärken auch den Medienmarkt mit der Novelle des Urheberrechts. Wir haben die sozialen Rahmenbedingungen für Medienschaffende verbessert, beispielsweise auch beim Zugang zum Arbeitslosengeld I. Wir haben zuletzt auch noch die Rechte der festen Freien im Medienmarkt durch das Bundespersonalvertretungsgesetz gestärkt.“
Rabanus sieht aber dennoch Handlungsbedarf, der nach seiner Aussage am Koalitionspartner CDU/CSU gescheitert ist. So gibt es keine Entscheidung über ein Gesetz über den Medieninformationszugang und die Auskunft im Bund sowie über einen stärkeren journalistischen Quellenschutz.
FDP-Anträge abgelehnt: „In Teilen obsolet“
Die Liberalen hatten drei Anträge eingebracht, die sich erstens mit dem Schutz von Journalist:innen und der Gewährleistung der Pressefreiheit, zweitens mit der Unterstützung des Privatrundfunks unter anderem durch steuerliche Erleichterungen und drittens mit einem freien und fairen Medienmarkt bzw. der Bekämpfung von Desinformation durch journalistische Qualität befassten. Alle drei Anträge wurden vom Bundestag abgelehnt, weil sie „mindestens in Teilen obsolet“ seien, beschreibt etwa die CDU/CSU, da vieles schon umgesetzt wird oder in der Umsetzung ist. Die AfD bezeichnet die Anträge teilweise schärfer als „ohne jede Substanz und daher nutzlos“.
Non-Profit-Journalismus: Gemeinnützigkeit frühestens in der nächsten Legislaturperiode
Bündnis 90/Die Grünen haben einen Antrag zum Non-Profit-Journalismus in die Bundestagsdebatte eingebracht. Grünen-Politikerin Margit Stumpp erklärt dazu:
„Non-Profit-Medien wie Correctiv, Finanztip oder FragDenStaat sind nicht mehr aus unserer Medienlandschaft wegzudenken. Sie tragen zur Vielfalt der Berichterstattung bei, liefern wichtige Informationen für alle Lebensbereiche und leisten oft einen substanziellen Beitrag zur politischen Willensbildung. (…) Allein auf die steuerrechtliche Anerkennung als gemeinnützig müssen Non-Profit-Medien verzichten, ganz im Gegensatz zu den Pfadfindern, zum Fußball oder zum Modellflug. Das klingt widersinnig, und das ist widersinnig. Denn wer außer den Verbal- und Rechtsextremen würde abstreiten, dass unabhängiger, nicht gewinnorientierter Journalismus einen wesentlichen Beitrag zur Funktion einer demokratischen Gesellschaft leistet.“
Abgelehnt wurde dieser Antrag vor allem mit dem Verweis auf die nächste Legislaturperiode. Im Zuge der geplanten Reform des Gemeinnützigkeitsrechts könne das Thema aber wieder debattiert werden. Die Große Koalition „beschuldigt“ sich indes gegenseitig, warum es zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Non-Profit-Journalismus noch keine Entscheidung gebe. Die Union verweist auf einen fehlenden Gesetzesentwurf von Finanzminister Olaf Scholz zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Sozialdemokratie schreiben: „Die Fraktion der SPD sei für eine Erweiterung des Zweckkatalogs und eine Klarstellung hinsichtlich der politischen Betätigung gemeinnütziger Organisationen gewesen, was mit dem Koalitionspartner aber nicht möglich gewesen sei.“
Während die AfD und die FDP das Vorhaben ablehnen, begrüßt die Linke den Vorstoß und stimmt diesem Antrag zu.
Enttäuschung in der Medienbranche
Es hängt nun also an der Reform des Gemeinnützigkeitsgesetzes – und wann die kommt, ist nicht abzusehen. Entsprechend enttäuscht sind Vertreter und Befürworter vom Non-Profit-Journalismus. So twittert etwa Stephanie Reuter vom Forum Gemeinnütziger Journalismus: „Enttäuschend: Der Antrag zur Anerkennung des Non-Profit-Journalismus als gemeinnützig wurde abgelehnt. Obwohl CDU in NRW mit der FDP-Fraktion in NRW bereits einen Antrag im Bundesrat eingebracht hatte, der eben dies forderte. Im Zukunftsprogramm der SPD steht die Forderung auch…“ Auch David Schraven von Correctiv, ein Non-Profit-Medium, antwortet: „Immer noch ein langer Weg“ und bemängelt „so viel Uninformiertheit“.