Metaverse: Das nächste Kapitel des Internets und die Bedeutung für die Medienwelt

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Was ist das Metaverse und welche Rolle kann darin der Journalismus spielen? Wir erklären den Begriff und die Möglichkeiten dahinter.

Der Begriff Metaverse – oder zu Deutsch Metaversum – wabert spätestens seit der Keynote von Mark Zuckerberg anlässlich der Namensänderung von Facebook in Meta überall umher. Doch was ist das Metaverse eigentlich? Wikipedia gibt eine Antwort: „Das Metaversum (englisch metaverse) ist ein kollektiver virtueller Raum, der durch die Konvergenz von virtuell erweiterter physischer Realität und physisch persistentem virtuellen Raum entsteht – einschließlich der Summe aller virtuellen Welten, der erweiterten Realität und des Internets.“

Okay… Halt, Stopp! Was soll das heißen? Selbstverständlich ist alles rund um das Metaverse komplex, dennoch lässt es sich doch noch etwas einfacher erklären. Wenn Mark Zuckerberg „vom nächsten Kapitel des Internets spricht“, dann ist das genau so gemeint. Denn aktuell konsumieren wir Content fast nur auf Webseiten oder in Apps. Doch das Metaversum möchte eine neue Ebene erschaffen: Wir können damit das Internet mit seinen Inhalten in verschiedenen virtuellen Welten real erleben. Cord Schmidt von hy erklärt dies so:

„Das Metaverse lässt sich damit als eine Art Parallelwelt verstehen, die wie eine virtuelle Version der realen Welt funktioniert und noch viel mehr möglich macht. Handlungen im Metaverse sind stets verbunden mit Handlungen in der analogen Welt und in ihrer Relevanz gleichbedeutend. Die Unterscheidung, was digital ist und was analog, verschwimmt dadurch immer mehr.“
Cord Schmidt, hy

Reales Leben verschmilzt mit virtuellem Dasein

Viele Beispiele, wie das Metaverse daher aussehen kann, beschreibt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in seiner Keynote sehr detailliert. Eine große bunte Welt, die sich da scheinbar auftut. Das reale Leben kann so - beispielsweise dank VR-Brillen oder auch Smartglasses - mit dem virtuellen Dasein verschmelzen. Während wir jetzt von App zu App und Webseite zu Webseite springen, meistens in verschiedenen Accounts unterwegs sind, schafft das Metaversum einen allumfassenden virtualisierten Raum, in dem es - wie auch im echten Leben - unendlich viele einzelne Räume geben kann.

Durch die Corona-Pandemie hat sich die Welt rasant digitalisiert. Videocalls sind salonfähig geworden, jeder kann sich ohne Probleme in Zoom, Hangouts, Teams und Co. zusammenschalten, sich sehen und miteinander sprechen. Ein großer Fortschritt, der viele Meetings, die zuvor nur durch lange Anfahrten realisierbar waren, vereinfacht. Das Metaverse denkt aber noch weiter und größer. Wir können dann in Avatare schlüpfen und Räume betreten, in denen wir mit Menschen in Kontakt treten, Konferenzen abhalten oder einfach – wie Meta zeigt – eine Partie Schach spielen:

Im Metaverse können wir gemeinsam an einem Tisch Schach spielen - auch hunderte oder tausende Kilometer voneinander entfernt.

Dies verdeutlicht den Unterschied zum Hier und Jetzt: Das Metaversum ist live, es läuft permanent weiter, es gibt keine Pausen. Es kann nicht wie Webseiten einfach neu geladen werden, es ist umfassend verfügbar. Das heißt, wie oben beschrieben: „Die Unterscheidung, was digital und analog ist, verschwimmt immer mehr“ – auch für unser Handeln.

Was ist das Metaversum und was nicht?

Alle großen Techfirmen forschen gerade zum Metaverse, aber dennoch bleibt es aktuell eher abstrakt. Darum hat Matthew Ball in seinem bedeutsamen Essay „The Metaverse: What It Is, Where to Find it, and Who Will Build It” prägnant formuliert, was das Metaversum für ihn ist und was nicht. So schreibt er etwa:

“If you want a simpler way to think about the Metaverse, you can imagine it as the Nightmare Before Christmas – you can walk into any experience or activity, and potentially address almost any of your needs, from a single starting point or world that’s also populated by everyone else you know. This is why hypertext is such a key example. But what’s important is to recognize the Metaverse isn’t a game, a piece of hardware, or an online experience. This is like saying is World of Warcraft, the iPhone, or Google is the Internet. They are digital worlds, devices, services, websites, etc. The Internet is a wide set of protocols, technology, tubes and languages, plus access devices and content and communication experiences atop them. Metaverse will be too.”
Matthew Ball

Für Matthew Ball ist das Metaverse also alles andere als ein Spiel. Darum gibt er seinem Bild davon noch mehr Kontur und stellt sieben Thesen auf, die aussagen, was das Metaversum sein wird:

1. Es ist beständig, das heißt: Es geht nicht irgendwann zu Ende oder wird pausiert. Es geht immer weiter.

2. Es läuft live und synchron zum realen Leben. Es existiert in Echtzeit.

3. Es gibt keine Obergrenze an Nutzer:innen. Jeder kann immer Teil des Metaverse sein – mit einer individuellen Präsenz. Wie im echten Leben.

4. Es wird eine voll funktionsfähige Ökonomie sein, so dass es Menschen und Unternehmen möglich ist, Arbeit zu schaffen, zu besitzen, zu investieren, zu verkaufen und dafür belohnt zu werden.

5. Die erlebbaren Erfahrungen im Metaverse umfassen sowohl die digitale als auch die physische Welt, sowohl private als auch öffentliche Events und sowohl offene als auch geschlossene Plattformen.

6. Das Metaverse bietet eine nie dagewesene Interoperabilität von Daten, digitalen Gegenständen oder auch Inhalten. Das heißt: Der Counter-Strike-Skin in dem Computerspiel kann auch in einem anderen Spiel wie Fortnite verwendet oder weiter verschenkt werden. Aktuell funktioniert dies nicht. Jedes Spiel hat quasi seine eigene Währung und kann nicht miteinander verknüpft werden. Das soll sich im Metaverse ändern.

7. Das Metaverse ist voller Inhalte und Erfahrungen – „produziert“ von Einzelpersonen, organisierten Gruppen oder auch Unternehmen.

Simon Graff, leben wir schon im Metaverse? » Exklusiv-Interview bei White Lab

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Das Metaverse ist nicht gleich Meta. Es ist mehr als Mark Zuckerbergs neuestes Projekt. Es ist die Weiterentwicklung des Internets. Experte Simon Graff erklärt, wie es unser Leben verändern wird.

Das Metaverse in der Medienbranche: Große Herausforderung, aber mit neuen Möglichkeiten

Die Medienbranche hat eigentlich noch mit den Nachwehen der Digitalisierung durch das Internet zu kämpfen – und jetzt kommt vielleicht schon eine völlig neue Dimension durch das Metaverse hinzu. Klar, das Metaversum ist noch Zukunftsmusik, doch so weit entfernt spielt sie nicht mehr. Es ist jetzt an der Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie Journalist:innen diese Welt nutzen könnten. Der PR-Manager und CEO von El Clasico Media, Dominik Sedlmeier, spricht bei startupvalley.news wenig überraschend von einer „Herausforderung für Medien“ und liefert dafür folgende Begründung:

„Denn einerseits müssen diese ihre Geschäftsmodelle überdenken und an die neuen Gegebenheiten anpassen, sie müssen aber auch ihre Formate weiterentwickeln und eine Präsenz ihrerseits im Metaverse erschaffen. Sie müssen ihre Inhalte multimedial präsentieren können, sich an neue Technologien anpassen und gewöhnen und eine Daseinsberechtigung ihrer Berichterstattung im Metaverse erschaffen. Andererseits müssen Medien über Ereignisse, welche innerhalb dieser virtuellen Welt geschehen, berichten. Denn das Metaverse ist keine vollkommen von der Realität abgetrennte Welt, Geschehnisse gehen grenzenlos von virtuell zu real über. Demnach wird das Metaverse zukünftig eine zweite Realität unserer sein, welche von Medien nicht außer Acht gelassen werden darf.“
Dominik Sedlmeier, El Clasico Media
In der Gaming-Szene lassen sich die Möglichkeiten vom Metaverse schon erahnen - etwa bei den Spielen Fortnite (Bild) oder Minecraft. Bild: Erik Mclean/Unsplash

Das Mediennetzwerk Bayern beschäftigt sich auch mit dem Metaverse und stellt die Frage, was dieses Mega-Thema mit Medien zu tun hat. In ihrem Artikel sehen die Expert:innen vier Aspekte, warum das Metaversum für Medienunternehmen relevant sein könnte:

  • Immersive Erlebnisse: Marken können für sich spezifische Welten im Metaverse erschaffen und so den Nutzer:innen neue Erlebnisse liefern.

  • Junge Zielgruppen: Selbsterklärend ist wohl mittlerweile, dass Gaming und die aktuellen Plattformen wie Instagram und TikTok vor allem von jungen Menschen genutzt werden. Das wird beim Metaverse nicht anders sein.

  • Neue Creator-Generation: Wie jede neue Plattform wird auch das Metaversum neue Creator hervorbringen.

  • Neue Produkt- und Vermarktungswege: Durch das Metaverse tut sich ein neuer Markt der Möglichkeiten auf – für Produkte einerseits und Marketingstrategien andererseits.

Metaverse - nur ein Hype?

Auch wenn vieles vom Metaverse zurzeit noch sehr abstrakt und theoretisch ist und sich nach einem großem Hype anhört, spricht einiges dafür, dass es tatsächlich eine Weiterentwicklung des Internets sein könnte. Expert:innen sehen darin einen milliardenschweren Zukunftsmarkt, der sich bereits langsam aufbaut. Erste Prototypen lassen sich bei Spielen wie Fortnite oder Minecraft erahnen. Die Möglichkeiten, die Medienschaffende dadurch bekommen, benötigen aber noch viel Kreativität – oder gar Fantasie?  Die Beschäftigung mit diesen neuen Technologien lohnt sich aber auf jeden Fall – möglichst schnell, um nicht erneut hinterherzulaufen, während andere schon erfolgreich sind.